Mittwoch, 14. März 2012

Nachdem er fertig war, stand sie auf und ging ans Fenster.

Sie dachte nicht daran, sich etwas anzuziehen, sie drehte das Licht hell auf, zündete sich eine Zigarette an, öffnete das Fenster und schaute hinaus in die Dunkelheit. Der Wind wirbelte die Äste der Tanne durcheinander und ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen, aber es war ihr egal.

Sie mochte es zu frieren, zu zittern. Sie litt gerne ein bisschen.

Sie schaute nach unten auf den Boden. Sie schätzte, es waren vielleicht drei Meter in die Tiefe, aber im Schätzen war sie schon immer schlecht gewesen. Wenn sie jetzt springen würde, was würde passieren? Was würde der Typ in ihrem Bett machen? Würde er einfach abhauen und sie liegen lassen? Sie stellte sich vor, wie dramatisch das ganze wäre, eine nackte Leiche in dem kleinen Miniaturgarten.

Sie kletterte auf das Fensterbrett und überlegte, wie einfach es wäre, einfach einen Schritt nach vorne zu machen. Dann müsste man einfach nicht mehr leben. Es wäre vorbei. Alles. Das Denken, das Fülen, das Sehen, das Hören.

Wer sie wohl vermissen würde? Wer weinen, geschweige denn zur Beerdigung kommen würde?

Sie stand noch eine Weile im Wind, in der Kälte, die hereinströmte, und hoffte, dass sie eine Lungenentzündung bekommen würde. Vielleicht hätte sie ihre Haare nass machen sollen.

Dann trat sie zurück auf den Zimmerboden und schloss das Fenster wieder.

In ihrem Bett lag dieser Mann, dessen Namen sie schon längst vergessen hatte, und lächelte sie bescheuert an. Genauso bescheuert gab sie es zurück. Zusammen mit seinem Hemd und seiner Hose, während sie auf die Tür zuging und sie ihm aufhielt.
Er schaute zuerst verunsichert, ergriff dann aber die Gelegenheit, stand schnell auf, schlüpfte in sein Gewand, und noch beim zuknöpfen des Hemdes verschwand er aus ihrer Wohnung und ihrem Leben.

Drei Sekunden und er war weck gewesen. Zwei Schritte, und sie war wieder am Fenster. Ein Sprung und sie lag unten. Eine Nackte Frau im Beet.

2 Kommentare:

  1. WOW! Du hast richtiges Talent mit nur ein paar Sätzen eine so fesselnde, kleine Geschichte zu erzählen..

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